Mon Apr 04 2011 17:00:00 GMT-0700 (PDT)

Posted April 5, 2011

Vielleicht sollte ich jetzt, zum Anfang meines dritten und letztes Trimesters mal kurz beschreiben, was ich denn hier so alles studiere.

Kursnummern

Vorher sollte ich allerdings noch die Nomenklatur erklären, die fuer die Kursnummerierung verwendet wird. Jede Kursbezeichnung startet mit drei Buchstaben, die das Fach beschreiben, wie z.B. POL (=Politikwissenschaft), AST (=Astronomy), FMS (=Film) und ECS (=Engineering Computer Science = Informatik). Danach folgt dann eine Nummer zwischen 1 und 400, die den Anspruch des Kurses angibt. Kurse zwischen 1 und 99 erfordern meistens keine Vorkenntnisse, sind eher einführend und auch von Erstsemestlern oder Studenten eines anderen Fachs belegbar. Kurse von 100 bis 199 sind so genannte "upper division" Kurse, die normalerweise nur von Studenten es Fachs belegt werden können und das auch erst im zweiten oder dritten Jahr. Hierbei sind Kurse zwischen 190 und 199 auch Kandidaten für die Bachelorarbeit. Kurse zwischen 200 und 299 wiederum richten sich an "graduate students", also Masterstudenten. Kurse jenseits der 300 gibt es so gut wie gar nicht und wenn doch, dann sind sie für Doktoranden und Forscher gedacht. Ausserdem gibt es hinter der Nummer noch einen Buchstaben, der genutzt wird, um Kurse zu spezialisieren oder auf mehrere Trimester zu verteilen.

Winter Quarter (Januar bis März)

Wie bereits im ersten Quarter habe ich auch dieses mal drei Informatik-bezogene Kurse belegt und einen Anfaengerkurs in einem Fach, das mich interessiert.

ECS122B Algorithm Design

Dieser Kurs war der zweite Teil von ECS122A, den ich im ersten Trimester belegt habe. Im Grunde genommen stellt der Professor hier verschiedene Algorithmen vor. Der Inhalt selbst war zwar recht interessant und die Form des Kurses recht locker und entspannt. Es gab eine Zwischenprüfung, einige Hausaufgaben und eine Abschlussprüfung, aber das war alles in allem kein großes Problem. Zu Erwähnen ist eigentlich nur noch, dass der Professor sehr nett war und aber auch wie ein typischer Professor aussah. Grauer Haarkranz, grauer, mächtiger Schnurrbart, eine große, stark vergrößernde Hornbrille, ein kurzärmliges, buntkariertes Hemd und ein permanentes Lächeln auf den Lippen.

ECS240 Programming Languages

Dieser Kurs war sicherlich der anspruchsvollste im letzten Trimester. Der Professor hatte chinesische Wurzeln, war aber trotzdem gut zu verstehen. Dem eigentliche Inhalt wiederum war nicht immer leicht zu folgen und hat alles abgedeckt, was man zu Programmiersprachen wissen muss. Im Rahmen des Kurse sollte dann noch ein Projekt selbstständig gewählt und entwickelt werden, was mir die Gelegenheit gab, ein bisschen Forschung zu betreiben und am Ende war ich mit meiner Lösung recht glücklich. Man muss abwarten, aber vielleicht kann ich das noch irgendwo veröffentlichen.

POL003 International Relations

Hier ging es mal nicht um Computer, sondern um Politik. Genauer: die internationalen Beziehungen zwischen Staaten. Ich hatte mich dafür entschieden, den Kurs zu belegen, damit ich die Machtstrukturen im Großen etwas besser verstehen kann. Ich habe zwar den Kurs selbst nicht besonders gemocht, aber der Inhalt war doch recht aufschlussreich und hat mir eine etwas realistischere, objektivere und pessimistischere Sicht auf die Dinge gegeben. Zum Beispiel dachte ich immer Amnesty International und Greenpeace wären die wichtigsten internationalen NGOs (Nicht-Regierungs-organisationen). In Wirklichkeit sind das aber eher die römisch-katholische Kirche und Al Quaida. Der Kurs selbst war etwas "anstrengend", weil die Vorlesung zu früh am Morgen war, die Diskussion zu sehr an Schule erinnert hat, und die Bewertung der Essays und Paper, die man schreiben musste, eher auf der Form als auf dem Inhalt basierte.

ECS298C Research in Mobile Computing

Dieser Kurs war keine richtige Vorlesung, sondern eher ein Forschungsseminar. Mit nur 8 Studenten war der Kurs relativ klein. Jede Woche mussten dann bestimmte, vorgegebene Paper gelesen und ein Vortrag auf Basis der Paper gehalten werden. Ich selbst habe so z.B. 4 Vorträge gehalten. Im Wesentlichen ging es um neue, aufregende Applikationen und Lösungen für mobile Geräte, wie z.B. Netbooks und Mobiltelefone. Die Mitstudenten waren alle sehr nett und auch der Dozent (mit indischem Wurzeln) hat den ganzen Kurs sehr ansprechend und interessant gestaltet. So hat er beim letzten Termin des Seminars beispielsweise Pizza und Cola für alle bestellt. Das Forschungsprojekt, was ich mir im Rahmen des Kurses gewählt habe, stieß auf reges Interesse und ich bin auch bereits in Kontakt mit einem Wissenschaftler der Uni Potsdam um darauf vielleicht eine Veröffentlichung zu machen.

Spring Quarter (März bis Juni)

ECS124 Bioinformatics

Im letzten Trimester wollte ich nochmal ein paar Sachen belegen, die in Potsdam nicht angeboten werden. Eine dieser Sachen ist beispielsweise Bioinformatik. Im Kurs sind auch viele Molekularbiologen und Genetikstudenten, was einerseits das Niveau der Informatik etwas absenkt, aber andererseits den Frauenanteil von den üblichen 5% in der Informatik auf fast 50% steigert. Die Themen sind extrem interessant, der Professor spricht mit französischem Akzent und die Hausaufgaben werden im "Labor" gemacht. Dabei muss man allerdings sagen, dass man dann doch nicht durch ein Elektronenmikroskop irgendwelche Zellen beobachtet oder mit Reagenzgläsern agiert, sondern dass es Maschinen gibt, die die DNA mehr oder weniger automatisch einlesen und als Bioinformatiker muss man dann diese ganzen, langen DNA-Sequenzen nach Mustern und Ähnlichkeiten absuchen oder Vorhersagen für die Wahrscheinlichkeit von bestimmten Mutationen machen etc. Im ersten Laborpraktikum gestern haben wir ein Programm geschrieben um echte Daten eines Illumina 1.5 Sequencer in das FASTA Format zu konvertieren.

ECS289I Research in Mobile Networks

Das wird sicherlich der schwerste Kurs dieses Quarter werden. Nicht nur, weil die Nummer 289 relativ hoch ist, sondern auch, weil das Thema (Funknetzwerke) schon sehr technisch und physikalisch ist und nicht ganz so zu meinem Spezialgebiet (Software/Programmierung) passt. Glücklicherweise gibt es keine Prüfung am Ende, sondern nur ein Projekt. Mal hoffen, dass ich das einigermaßen hinkriege. Immerhin bin ich schon mal in einer Gruppe mit einem Mexikaner, den ich schon von einem Kurs im zweiten Semester "Research in Mobile Computing" kenne.

ECS243 Code Generation

Im Gegensatz zum letzten Kurs passt ECS243 exakt in mein Interessengebiet. Es ist wieder ein kleiner Kurs mit nur 4 Studenten und wir haben dort viele Möglichkeiten uns mit den neusten und aufregendsten Entwicklungen und Forschungsthemen auseinanderzusetzen.

FMS125 Spaghetti-Western/Italian-American Cinema

Neben den Computern gibt es natürlich noch sehr viel mehr, was man an der University of California in Davis studieren kann. Die Wahl war wirklich nicht leicht, aber letztendlich wollte ich dann doch noch mal etwas ganz ungewöhnliches nehmen. In Psychologie und Philosophie kann man sich ja vielleicht immer noch mit einem guten Buch einlesen, aber wann hat man schon mal die Möglichkeit, "Spaghetti-Western" zu studieren? Das ist kein Scherz, sondern ein ernsthafter Kurs hier an der Uni, der im Wesentlichen daraus besteht, einmal in der Woche in der Vorlesung einen Film zu gucken, sich dann etwas über den Regisseur zu unterhalten und ein Essay zu schreiben.

University of California, Davis

Am Ende muss ich noch eine Sache zur Uni im Allgemeinen schreiben. Als ich hier ankam, waren meine ersten Gedanken "Ach, die kochen hier auch nur mit Wasser". Später dann habe ich die ganzen Unterschiede kennen- und schätzen gelernt und dachte mir, dass die Universität Potsdam und die UC Davis auf jedenfalls unterschiedlich und beide auf ihre Art interessant sind. Mittlerweile muss ich allerdings doch leider zugeben, dass die University of California in Davis schon mindestens zwei Klassen besser ist als die Uni Potsdam oder selbst die Humboldt Uni in Berlin. Alles ist hier so groß und professionell, wie es in Deutschland aufgrund des fehlenden Geldes nicht möglich ist und wahrscheinlich auch nie sein wird. Erst vor ein paar Tagen habe ich im Music Department Proberäume mit Instrumenten entdeckt, die man als Student kostenlos nutzen kann. Es gibt unendlich viele Studentenklubs, Events, Aktivitäten und Vereine. Was Sport angeht sind die Möglichkeiten hier quasi nicht zu vergleichen mit Deutschland. Der Campus ist riesig und in einem ausgezeichneten Zustand mit etlichen Grünflächen, Bänken, Lernräumen, mehreren Bibliotheken, Mensen, Läden, etc. etc. Ich muss gestehen, dass, wenn ich gerade frisch vom Gymnasium kommen würde, mir ein Studium an der UC in Davis lieber wäre als an jeder deutschen Uni. Fairerweise muss ich natürlich sagen, dass das alles auch seinen Preis hat: Als Nicht-Kalifornier kostet das Studium an der UC Davis momentan 35.958 Dollar pro Jahr.

Abseits des Studiums

Dieses Wochenende bin ich endlich wieder in San Francisco. Dieses Mal allerdings kommt meine Freundin mit und wir haben schon so einige Ideen, was wir denn so alles sehen wollen. Ich freue mich jedenfalls schon darauf.