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Posted October 13, 2010
Noch einmal kurz zum Studium hier in den USA im Vergleich zu Deutschland. Wie bereits erwaehnt, belege ich vier Kurse.
Computer Architecture
Dieser Kurs fühlt sich wirklich wie High School, bzw. 11. Klasse Gymansium an. Sowohl vom Niveau als auch von der Organisation her. Der Dozent schreibt relativ unwichtige Tabellen mit Kreide an die Tafel und die Studenten pinseln das dann ab, arbeiten an langen, stupiden, Übungs-Rechenaufgaben ohne Realitätsbezug. Das Textbuch wird größtenteils ignoriert und es gibt öfters Tests. Alles in allem also recht negativ. Ich freue mich schon darauf, dass dieser Kurs endlich vorbei ist.
Algorithmic Design
Dieser Kurs ist den Kursen an deutschen Universitäten recht ähnlich. Der Unterricht ist locker und meistens sind nur so die Hälfte der Studenten überhaupt anwesend. Es gibt keine Tests, aber einen Dozenten, der sich mit dem Thema auskennt und sich grob am Textbuch orientiert. Während des Unterrichts werden Definitionen, komplexe Erklärungen und mathematische Beweise vom Dozenten durchgegangen und erklärt, die allein durch Lesen des Buches nicht ganz zu erfassen sind. Das entspricht halt dem Stil, den ich in Deutschland gewohnt bin und auch für relativ angenehm und vernünftig halte.
Programming Languages
Dieser Kurs hat einen Stil, von dem ich mir wünschen würde, dass er auch in Deutschland angewendet wird. Generell ist eher zwar ähnlich wie der bei Algorithmic Design, allerdings wird sich sehr viel mehr auf das Textbuch konzentriert und alles sehr systematisch aufgebaut. Ich habe ja schon vorher erwähnt, dass hier die Bücher fester Bestandteil der Vorlesung sind - im Gegensatz zu Deutschland, wo es meistens eher ergänzend und begleitend ist und eher Skripte, Mitschriften und Handouts verwendet werden. Der Vorteil der Bücher ist, dass sie sehr viel mehr Inhalt abdecken können ohne dabei den Blick fürs ganze zu verlieren. Die Hausaufgaben sind sehr interessant, praxisorientiert und man hat im Regelfall zwei Wochen Zeit dafür. Wenn ich vielleicht irgendwann einmal eine Vorlesung organisieren sollte, dann würde ich mich an diesen Stil halten.
Astronomy
Dieser Kurs ist ganz anders als alles, was ich bis jetzt so in Deutschland gesehen habe. Erst dachte ich, dass der Kurs eher eine Spaßveranstaltung wäre und nicht besonders Ernst gemeint ist, da der Professor doch einen sehr ungewöhnlichen Unterricht abhält, aber mittlerweile ist mir klar, dass er wirklich außerordentlich engagiert ist, um absolut jedem der ca. 160 Kursteilnehmer die Grundkonzepte zu vermitteln. Fast jede Vorlesung führt er Experimente durch, bindet Studenten ein, die dann die Sonne spielen, während ein anderer Student die Erde spielt, bringt einen Einkaufswagen mit 100 Rollen Toilettenpapier in den Hörsaal um die Entfernung zwischen der Sonne und dem nächsten Stern zu demonstrieren, zeigt kurze, aufschlussreiche Videos, verteilt an alle Studenten im Hörsaal kleine Beugungsgitter, mit dem die Studenten eigenhändig das Spektrum von verschiedenen Lichtquellen untersuchen können, läd die Studenten dazu ein, spätabends zu seinem Labor zu kommen um dort mit den Teleskopen die Sterne zu beobachten, spielt laute Rockmusik über die Soundanlage des Hörsaals ein, wenn die Studenten zu laut werden, lässt die Vorlesung abfilmen und stellt die Videoaufzeichnung zum Nachsehen ins Internet, stellt Unmengen an Materialien, Ressourcen, Online-Tutorials, Lernhilfen, interaktiven Simulationen und Büchern bereit, verteilt die originalen Prüfungsfragen der letzten Jahre an alle Studenten und geht die Fragen in der Vorlesung durch, baut Gruppendiskussionen in die Vorlesung mit ein, lernt die Vornamen aller seiner Studenten auswendig, hat einen Chatraum und ein Forum zur Veranstaltung im Internet angelegt und steht fast rund um die Uhr per Telefon, Email und persönlich für jegliche Fragen bereit. Wenn man nach der schriftlichen Prüfung zu Hause feststellt, dass man eine Frage falsch beantwortet hat, kann man in den folgenden drei Tagen einen Zettel abgeben auf dem man begründen muss, warum und wie man zu dem neuen Ergebnis kam und wieso man während der Prüfung etwas anderes geschrieben hat, und kriegt dann noch nachträglich 50% der Punkte für die Aufgabe auf die Prüfungsnote gutgeschrieben. Diesem Professor geht es nicht darum, die guten von den schlechten Studenten zu trennen, sondern er probiert wirklich mit allen nur zur Verfügung stehenden Mitteln, den Studenten den Stoff so interessant wie möglich darzubringen und ihnen gleichzeitig etwas beizubringen. Ich finde das absolut beeindruckend und habe dadurch auch eine ganz neue Sicht darauf, wie Lehre und Studium aussehen kann.